«Sag mal, was ist dir beim Sex eigentlich wichtig?» | zentralplus

2022-10-17 07:59:22 By : Ms. Freda GUO

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Muss das sein, reden beim Sex? Geht dann nicht die Romantik, die Geilheit flöten? Das denken nicht wenige. Wie ein lustvoller, interessierter Austausch gelingen kann, weiss Sexologe Martin Bachmann.

Steige ich morgens die Treppen in meine Praxis hinauf, gehe ich im Kopf oft die erste anstehende Beratung durch, frage mich, was die Anliegen der Menschen sein werden, denen ich heute begegne. Wenn dann der Raum eingerichtet ist, setze ich mich in meinen Stuhl, lese meine Notizen durch und überlege mir, wie ich in das Gespräch einsteigen könnte, wie ich den Faden der letzten Sitzung wiederaufnehmen will.

Kommunikationspflege ist in meiner Arbeit als Sexologe wesentlich. Ich rede mit Menschen über ihre Fragen und Schwierigkeiten und unterstütze sie in ihrer Kommunikation mit sich selbst und anderen. Kommunikation ist für die Pflege der Beziehung elementar – auch der sexuellen. In den letzten Wochen erlebte ich zuweilen, wie schwer sich Menschen tun, wenn sie über Sex reden sollten. Bei der vermeintlich natürlichsten Sache der Welt sind viele Männer und Frauen stumm. Viele sprechen wenig oder gar nicht über Sexualität, sogar dann, wenn sie damit unzufrieden sind. Kein Wunder, wird es manchmal kompliziert.

Ein Paar in meiner Praxis weiss nicht mehr, wie es den Schritt vom Lümmeln auf dem Sofa zum Sex im Bett schaffen soll. Obwohl beide Lust darauf haben, können sie es sich nicht sagen. Jeder wartet vergebens darauf, dass der andere den ersten Schritt macht.

Auch ein anderes Paar hat eigentlich Lust auf Sex, doch ihr gefällt nicht, wie das «Vorspiel» jeweils abläuft. Beide haben Stress damit, doch aus lauter Angst, dieser könnte noch zunehmen, rühren sie das Thema nicht an.

Eine weitere Klientin hat mir beschrieben, dass es sie abstösst, wenn der Mann die Geschlechtsteile vulgär benennt, dass sie das aber nicht ansprechen mag. Überhaupt erlebe ich viele Leute, die beim Sex Sachen immer wieder mitmachen, obwohl sie keinen Spass daran haben, obwohl der Sex gar unangenehm oder schmerzhaft ist, sie aber den Partner nicht enttäuschen wollen und darum schweigen – auch danach. Bei vielen meiner Klientinnen erlebe ich auf diesem Gebiet eine grosse Einsamkeit.

Das Schöne ist: Sie sind bei mir in der Praxis, weil sie das ändern und aus der Wortlosigkeit herausfinden wollen. Über Sex zu reden kann man lernen. Generell ist es für viele nicht einfach, über ein Problem zu sprechen, doch beim intimen Thema Sex sind fast alle Menschen unsicherer und vorsichtiger. Das ist tatsächlich auch angemessen, denn es ist ein sehr persönliches Terrain. Und darum müssen wir etwas mehr investieren, um das Reden über die eigene Sexualität zu einem Heimspiel zu machen.

Guter Sex fällt nicht einfach vom Himmel, sondern bei aller Paarroutine bleiben wir unterschiedliche Individuen und müssen darum immer wieder verhandeln, was wir im Bett wollen. Darum lohnt es sich, zu reden: vor oder während dem Sex oder auch mal hinterher. Um den Partner kennenzulernen, uns selbst zu zeigen und auch um mitzubekommen, wie sich das Gegenüber verändert. Manchmal treffen ja die eigenen Annahmen, was dem anderen gefallen könnte, schlicht nicht zu. Das Sexleben wird interessanter, wenn Paare sich darüber austauschen, wie sie es mögen und was genussvoll für sie ist.

Spreche ich offen aus, was mich bewegt und erregt, kann die Angst vor Zurückweisung, die Angst vor dem «sich zeigen», kleiner werden. Und damit auch die Angst, darüber zu reden. Mein Gegenüber kann nicht Gedanken lesen, wir müssen uns sagen, was wir wollen oder nicht wollen.

Über Sex zu reden, kann tatsächlich auch zum Ablöscher werden. Erheben wir Vorwürfe, geht es im Bett ziemlich sicher weiter bachab. Lässt sich ein Paar aber interessiert und neugierig aufeinander ein und erzählt sich, was es mag, was es geil findet, ist das ein enormer Gewinn für beide. Sich über Persönliches respektvoll auszutauschen, stellt eine schöne, intensive Intimität her, gibt Vertrauen, Sicherheit und lässt die Liebe und Lust wachsen. Sich einander zumuten ist heiss! Reden tut gut, bricht alte Muster auf, macht kompetenter, experimentierfreudiger, steigert den Genuss.

Ein Trick aus der Praxis? Aber gern! Eine schöne Übung für viele Paare ist es, sich je einzeln erotische Paarszenarios zu überlegen, diese aufzuschreiben und sich dann genüsslich bei einem Glas Wein auf dem Sofa zu erzählen. Das ist Kopfkino vom Feinsten. Eine tolle Redeübung für interessierte Paare ist es, sich während dem Sex zu sagen, was man gerade schön findet.

Viele Paare finden es anregend, mal wieder zu besprechen, wie sie all diesen schönen und interessanten Körperteilen sagen wollen, die in der Sexualität mehr in den Fokus rücken, auch die Geschlechtsteile, sodass es eben Spass und Lust auf mehr macht. Und für viele Paare ist es eine inspirierende Übung, sich zu überlegen und dann zu beschreiben, wann sie Lust auf welchen Sex haben, wie ein einladendes Paar-Setting sein müsste und was sie selbst zu einer guten Stimmung beitragen könnten. Damit es eben nicht nur beim Reden bleibt!

In diesem Sinne: auf das Leben, die Liebe, den Sex!

Martin Bachmann führt eine Praxis für sexologische Beratungen und Sexualtherapie in Luzern. Mehr Informationen findest du hier.

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Martin Bachmann ist klinischer Sexologe und systemischer Paartherapeut und lebt in Kriens. Er wirkte u.a. als Lehrer, Jugend- und Gassenarbeiter sowie als Gewaltberater im mannebüro züri. Seit 2020 arbeitet er sexualtherapeutisch in Luzern in eigener Praxis. Er ist Vater von drei Töchtern im Teenager-Alter, liebt Rock n’ Roll, biken und reisen.

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